Als Volontär in einer Tierklinik
- Ye-Soon und Horst
- 11. Sept. 2023
- 4 Min. Lesezeit

Seit wir in Thailand leben, haben wir uns permanent sozial für Menschen und Tiere engagiert. Wir denken zurück an die vielen Speisungen von Bedürftigen zu Coronazeiten und diverse Futterlieferungen an Tierheime. Ye-Soon und ihr musikalischer Partner sind inzwischen ein fester Bestandteil der Musik-Kultur in Hua Hin geworden. Mit ihren stets erfolgreichen Auftritten generieren sie regelmässig Spenden für lokale Hilfsorganisationen und hinterlassen begeisterte Zuhörer.
Wie Ihr vielleicht weiter unten in den Blogs schon gelesen habt, bin ich selbst auch regelmässig als Volontär für Jungle Aid unterwegs. Dies sind jedoch immer nur Tageseinsätze, und somit hatte ich noch reichlich Luft nach oben, mich irgendwie nützlich zu machen. Seit mehr als 3 Jahren unterstützen wir eine Tierklinik in Pattaya, die zur Organisation "Animal Army" Thailand gehört. An die Klinik angeschlossen ist noch eine Hunde-Auffangstation, wo operierte und behandlungsintensive Strassenhunde in Ruhe genesen und auf mögliche Adoptionen warten können. Die Animal Army finanziert sich rein privat und kann den laufenden Betrieb nur mit Hilfe von Freiwilligen gewährleisten. Die Klinik-Leitung um Dr. Kwanchai ist jedoch gut vernetzt, so dass meist eine handvoll junger Menschen aus der ganzen Welt für einige Wochen nach Pattaya kommen, um unentgeltlich zu helfen und neue Erfahrungen zu machen. Einige von ihnen sind sogar Studenten in Veterinärmedizin, so dass sie in der Klinik aktiv unterstützen können.

Die Regenzeit in Thailand lockt naturgemäss weniger Freiwillige zum Arbeiten in eine Tierklinik. Somit sprang ich im August für eine Woche in die Bresche und durfte als Oldie zwischen all den jungen Helfern mit anpacken. Diese Woche werde ich nie vergessen.
Am ersten Tag wurde ich sehr lieb begrüsst und durfte gleich einen Rundgang durch Klinik und Pflegebereich machen. Insgesamt sind in den verschiedenen Stationen derzeit etwa 40 Hunde untergebracht. Viele wurden durch Verkehrsunfälle verletzt und in der Klinik abgegeben. Einige kämpfen mit hunde-spezifischen Krebsvarianten (TVT) um ihr Leben und sehen zum Teil wirklich schlimm aus. Trotzdem passieren hier immer wieder kleine Wunder. Dr. Kwanchai ist einer der Top-Veterinäre in Thailand und geniesst international grosses Ansehen. Es gibt auch noch eine Puppy-Station, wo mutterlose oder ausgesetzte Welpen aufgepeppelt und an liebevolle Familien vermittelt werden. Die kleinen Racker haben mich sofort in Beschlag genommen - und mein Herz erobert!
Etwas ausserhalb der Klinik gibt es noch ein angemietetes Thai-Haus, das nicht mehr vermittelbaren Hunden vorbehalten ist. Hier werden die versorgt, die keiner mehr will - bis zu ihrem Tod. Diese Hunde haben von Unfällen gebrochene Wirbelsäulen, brauchen viel Pflege und können sich nur mit Hilfe spezieller Hunde-Rollstühle vorwärts bewegen. Einer von ihnen namens Sebastian kam sofort auf mich zu gehoppelt, rieb seinen Kopf an meinen Beinen und wich dann nicht mehr von meiner Seite. Es war Liebe auf den ersten Blick. Und dennoch erfuhr ich erst später, dass Sebastian so gut wie nie mit Menschen gut auskommt. Er hat mich nie angebellt oder gemieden, kam immer sofort angehoppelt und legte sich zu mir, um sich streicheln zu lassen. So eine wunderbare Seele-und kein Mensch, der ihn adoptieren würde. Sein grosses Herz macht die kaputten Beine tausendmal wett! Ich bekomme heute noch Fotos von ihm geschickt, damit ich auch wirklich wie versprochen wieder komme.
Die speziellen Rollstühle für Hunde werden aus USA importiert und kosten mehrere hundert Dollar pro Stück. Leider taugen alle Eigenbau-Varianten nicht viel, so dass viele Hunde lange auf einen solchen Rollstuhl warten müssen. Was für eine Lebensfreude solche Geräte den Hunden zurückgeben, durften wir bei einem Besuch der "Wheelchair Mafia" bei einem befreundeten Hunderetter etwas ausserhalb von Pattaya erleben. Schaut Euch mal dieses von mir dort gedrehte Video an:
Aber ich war natürlich in erster Linie zum Arbeiten hier. Und jeden Morgen um 8 Uhr wurde ich bereits vom Bellen und Jaulen der Hunde in der Klinik begrüsst. Sie wissen genau, dass jetzt die Reinigung ihrer Käfige und wenn möglich etwas Ausgang anstehen. Anschliessend gibt es Futter für alle und medizinischen Rundgang. Sie kennen die Abläufe genau, und ihre Vorfreude mit lautem Bellen kund getan ist Motivation genug, auch mit Rückenschmerzen vom Vortag immer wieder die Gummihandschuhe anzuziehen und 3 Stunden zu schrubben.
Nach der Fütterung am späten Vormittag wird es dann schlagartig ruhig. Alle Hunde sind zufrieden und dösen in den Mittag hinein. Wenn nicht gerade ein neuer Mitbewohner ankommt oder eine Familie wegen einer Adoption vorbei schaut. In der Woche meines Volontariats wurden tatsächlich sieben Hunde adoptiert - ein toller Erfolg. Nur leider kamen dafür in der gleichen Zeit 13 + 4 neue Hunde wieder dazu. Die 13 Hunde sind Welpen, die wir per Zufall in Pattaya City wegen einem anderen Notfall gefunden und gerettet haben. Mitten in der Stadt in einem Elendsquartier zogen wir die 13 kleinen Kerlchen unter einem Wellblech-Schuppen heraus. Die beiden Hundemütter haben wir gefunden, mit dem Blasrohr betäubt und ebenfalls in die Klinik gebracht. Nach kurzer Untersuchung war klar, dass allesamt mit Parasiten und Blutwürmern verseucht waren. Dazu wurden sie von unzähligen Zecken zusätzlich geschwächt und teils regelrecht ausgesaugt. Einer der Kleinen konnte dann trotz aller Bemühungen auch nicht mehr gerettet werden. Er starb in der selben Nacht in den Armen einer Helferin. Freude und Leid gehen hier Hand in Hand - jeden Tag, jede Minute.
Kein Tag ist wie der andere, keine Stunde ist wirklich planbar. Schnell wird aus einem Routine-Tag ein actionreicher Rettungs-Tag, der uns alles abfordert. Nicht nur die Tiere, sondern auch die involvierten Menschen stellen teils eine grosse Herausforderung für das Team dar. Nicht selten werden wir bedroht oder sollen gar für die Mitnahme der armen Kreaturen noch bezahlen. Da ist oft Fingerspitzengefühl und eine grosse Portion Diplomatie gefragt. Zum Glück werfe ich einen langen Schatten und hatte somit keine Probleme, wenn es um Geldforderungen ging.
Ich könnte hier für jeden Tag einen eigenen Blog schreiben, so viele Erlebnisse und Eindrücke habe ich mitgenommen. Ich durfte tolle junge Menschen kennenlernen, die mir wieder etwas Hoffnung in die Menschheit zurückgegeben haben. Eigene Bedürfnisse zurückstellen, im Team funktionieren und das Ego für einige Zeit einfach hinten anstellen. Eine heilsame Erfahrung, die ich jedem nur anraten kann - und die ich selbst bald wieder machen werde. Im November bin ich wieder in der Klinik in Pattaya....mit neuen Hunden, neuen Menschen und neuen Geschichten.
Danke für Euer Interesse und liebe Grüsse aus Thailand!

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