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Krisenmanagement in einer Militär-Regierung



Das Thema Covid-19 ist eigentlich zu Genüge geplagt und durchfantasiert worden. Dennoch halten wir es für angebracht, eine andere Seite des Umganges mit diesem Thema zu beleuchten.

Natürlich lesen auch wir hier jeden Tag, wie es auf der Welt momentan zugeht. Jeder sucht seine eigenen Antworten und eine bestmögliche Strategie. Andere leben davon, eigene und zumeist wilde Theorien aufzustellen und für Unruhe oder Panik zu sorgen. Es wird gestritten, gestreikt, debattiert. Man geht auf die Barrikaden, man ignoriert einfach das Thema, hält sich für Gott und stürzt einen halben Kontinent ins Elend..groteske Entwicklungen, über die man in Thailand nur gelassen den Kopf schüttelt. Thailand war wegen der vielen Chinesischen Feriengäste das erste mit-infizierte Land der Welt. Und hier gibt es eine Militär-Regierung, deren Entscheidungen nicht in Frage gestellt werden, auch wenn meistens aus der Hüfte geschossen wird und die Ergebnisse eher fragwürdig erscheinen. Dennoch bewahrheitet sich der alte Leitspruch: Lieber eine Entscheidung treffen und diese zur Not revidieren, als gar keine Entscheidung treffen. So wurde in Thailand sehr schnell der Reiseverkehr von und nach China abgeschnitten, dies quasi über Nacht und ungeachtet aller politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Der komplette Cut im internationalen Flug- und Reiseverkehr folgte sehr schnell trotz grosser Abhängigkeit der Gesamtwirtschaft von ausländischen Devisen. Und während der Thailändische König in Garmisch im eigens angemieteten Luxushotel Champagner trinkt und mal eben nach Zürich zum Shoppen fliegt, bricht in seinem Land ohne grosses Aufmerken der Weltgemeinschaft die Wirtschaft zusammen. Hier nimmt man es äusserlich gelassen, aber gerade auch ausserhalb von Bangkok sind die Menschen direkt vom Ausland abhängig...ob als Bauern oder als Mitarbeiter in der Tourismusbranche.

Dazu kommt erschwerend, dass die durchschnittlichen Thais finanziell gerade so durch den Monat kommen. Bei Durchschnitts-Gehältern um 500 Euro pro Monat ist kein Raum für Reserven. Dies liegt ohnehin nicht in der Natur von Menschen, die im Hier und Jetzt leben. Im Moment bilden sich lange Schlangen vor den Schmuckgeschäften - die Thais müssen ihre Notreserven in Form von Gold in Bargeld tauschen. Goldgeschenke sind für harte Zeiten die üblichen Mitgift-Geschenke bei Eheschliessungen in Asien. Dies lockt wieder die Profitgeier auf den Plan, die diese Notlage eiskalt ausnutzen und Gold für Spottpreise ankaufen, obwohl der Goldpreis derzeit in neue Rekordhöhen explodiert.

Die modänen Strandgemeinden mit ihren florierendem Ausgeh-Meilen, Märkten, Bars und glitzernden Shopping Malls stehen still. Licht aus um 20 Uhr, Restaurants und Bars komplett geschlossen. Dazu eine generelle abendliche Ausgangssperre seit 3 Wochen und bis auf unbestimmte Zeit. Die Strände sind leergefegt, die Fischerboote liegen auf dem Trockenen. Und als wäre das alles nicht schlimm genug, werden sämtliche privaten und öffentlichen Versammlungen unter Strafe verboten. Wir haben hier eine Militärkaserne, und niemand möchte es ausprobieren, ob die tatsächlich eine Party crashen würden. Aber auch hier erleben wir wieder diese ruhige, aus dem Buddhismus stammende Akzeptanz und Annahme des aktuell Notwendigen - auch wenn man die Massnahmen daraus nicht unbedingt versteht. Es wird nicht diskutiert, sondern man versucht sich bestmöglich zu arrangieren.



Dies hat auch der Nachwuchs von reichen Bangkoker Geschäftsleuten auf seine Art versucht. Die Eltern haben nicht selten ein schönes Ferienhaus am Meer, zum Beispiel hier in Hua Hin, wo die Sprösslinge in langen Karavanen nun hinzogen, um doch noch Party in Papas Haus zu machen. Dies wurde von der Polizei sehr schnell unterbunden, die Leute am nächsten Morgen ins Auto gesetzt und Richtung Heimat geschickt. Am gleichen Tag wurde von der zentralen Regierung angeordnet, Strassensperren und Kontrollpunkte zwischen den Provinzen zu errichten. Niemand kann derzeit ohne triftigen Grund oder ohne Lieferfracht durch Thailand reisen, dafür bleiben wir aber auch von weiteren Infizierten Reisenden abgeschirmt.


Quelle: www.der-farang.com

Einkaufen gehen wir nur selten, dafür funktionieren hier die Lieferdienste hervorragend. Die Anzahl an Rollern mit aufgeschnallten Essensboxen war schon vorher unübersehbar. Jetzt fahren sogar Privatleute Essen aus und halten die Restaurants am Laufen - und uns satt und zufrieden. Wer am Strand nicht mehr arbeiten kann, der hilft jetzt in Restaurants und Lieferdiensten aus. Ohne Pressenachrichten, ohne Tamtam - einfach von selbst. Nirgends gibt es Engpässe oder Lieferprobleme. Wenn wir am Vormittag Lebensmittel bestellen, sind diese am Nachmittag geliefert - einfach fantastisch und in Europa in einer solchen Situation nicht umsetzbar. Handeln statt Resignieren und Protestieren, das ist das Rezept hier in Thailand.

fertig lustig!

Was uns absolut positiv beeindruckt ist, wie schnell die Menschen sich auf neue Herausforderungen einlassen und selbst organisieren. Der Staat hat jedem Arbeitslosen mit Mindestlohn Anfang April eine monatliche Zuwendung in Höhe seines bisherigen Lohnes zugesagt und hält dies auch ein, Gelder fliessen. Familienstrukturen halten intern die Räder am Laufen, Business erfindet sich neu. Dies alles in einem so rasanten Tempo, dass wir nur so staunen. Wir sitzen seit fast vier Wochen zuhause in Selbstkarantäne und kommen gut zurecht, sogar unsere Baustelle geht weiter. Und wenn ich im Moment nur einmal pro Woche auf die Baustelle komme, sind die Leute am Singen. Was für ein Land!


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